Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen SARS-CoV-2
Doktorand: Tim Wiest, Mag. iur.
Seit dem Frühjahr 2020 belastet die anhaltende SARS-CoV-2-Pandemie nahezu das gesamte gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Leben. Zur Eindämmung der Pandemie wurde in besonderem Maße – insbesondere durch Betriebsschließungen, sowie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen – in nahezu sämtliche grundrechtliche Gewährleistungen eingegriffen. Trotz erfolgreicher Entwicklung und Zulassung diverser Impfstoffe gegen das Virus SARS-CoV-2 konnte in der Bundesrepublik Deutschland die sog. Herdenimmunität noch nicht erreicht werden.
Die Dissertation befasst sich infolgedessen mit der Frage, ob zur Verhinderung weiterer Lockdowns sowie zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems eine generelle Impfpflicht – oder zumindest eine partielle Regelung für bestimmte Berufs- oder Altersgruppen – gegen SARS-CoV-2 mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bereits in der Vergangenheit mit der Pflicht zur Pockenimpfung eine allgemeine Impfpflicht bestand, die 1959 obergerichtlich vom Bundesverwaltungsgericht als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen wurde. Zugleich besteht seit 2020 in Bezug auf Masern (§ 20 Abs. 8 ff. IfSG) jedenfalls eine Impfpflicht für Teile der Bevölkerung.
Die Arbeit untersucht, ob die Erwägungen zu den vorbezeichneten Maßnahmen, auf die Einführung einer (partiellen) Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 übertragen werden können – und ob eine solche Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 mit der Verfassung unter Bezugnahme des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu vereinbaren ist. Ausgangspunkt bilden hierbei die Grundrechte in ihrer Dimension als staatliche Schutzpflichten. Entscheidend ist, ob sich die schutzrechtlichen Erwägungen (Schutz vulnerabler Personen, Verhinderung weiterer Lockdowns sowie Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und damit die Abwendung einer möglichen Triage) insbesondere gegen das Recht des Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie das Recht auf Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) durchsetzen.