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Art. 15 GG in der Sozialen Marktwirtschaft – Funktionen, Anwendbarkeit und Perspektiven


Doktorand: André Landwehr, Mag. iur.
 

Mit Art. 15 GG enthält das Grundgesetz eine Vorschrift, die zur Überführung bestimmter Wirtschaftsgüter "in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft" ermächtigt. Mit der Positionierung im Grundrechteabschnitt steht die Norm zwar an prominenter Stelle, hat in der Geschichte der Bundesrepublik aber bislang keinen praktischen Anwendungsfall gefunden. Nicht zuletzt deshalb bewegt sich die verfassungsrechtliche Diskussion um den Sozialisierungsartikel bislang auf theoretischer Ebene.

Spätestens aber seit die Berlinerinnen und Berliner im September 2021 mit 57,6% der abgegebenen Stimmen für die Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen votiert haben ("Deutsche Wohnen & Co. enteignen!"), ist Art. 15 GG in aller Munde. Ob das Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird, ist noch unklar. Und auch viele Fragen um die verfassungsgemäße Realisierbarkeit des Vorhabens sind offen. Sind Immobiliengesellschaften überhaupt sozialisierungsfähig? Wie hoch müsste die Entschädigung der bisherigen Eigentümer ausfallen? Und vor allem: Was ist unter dem Begriff der Gemeinwirtschaft eigentlich zu verstehen?

Einige Stimmen gehen gar davon aus, dass Art. 15 GG heute bedeutungslos ist und daher nicht mehr angewendet werden kann. Und in der Tat: Die marktwirtschaftliche Ordnung ist in der Bundesrepublik heute weitestgehend unangefochten. Auf den ersten Blick scheint es mit der Realität unvereinbar, eine Norm anzuwenden, die ihren historischen Ursprung in den Forderungen sozialistischer Bewegungen hat. Vor diesem Hintergrund wird die heutige Bedeutung des Sozialisierungsartikels in der Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes untersucht. In den Blick genommen wird, welche Formen des Wirtschaftens durch das Grundgesetz gestattet sind – und wie sich Art. 15 GG nicht nur in seine normative, sondern auch in die tatsächliche Umgebung einfügt. Neben den Voraussetzungen und Grenzen der Sozialisierungsermächtigung wird ferner erörtert, ob – und wenn ja, wie – "Deutsche Wohnen & Co." vergesellschaftet werden können.