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Kein Staatsgeld für Verfassungsfeinde

Die Regierungskoalition und die Union wollen Stiftungsfinanzierung regeln. Von Fachleuten gibt es Zustimmung.

 

Seit Jahren warnen Gruppierungen aus der Zivilgesellschaft davor, dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung staatliche Förderung erhalten könnte, wenn dies nicht per Gesetz verhindert wird. Sie fordern, finanzielle Unterstützung an demokratische und menschenrechtliche Grundsätze zu binden. Nun ist eine breite Koalition im Bundestag auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Jetzt brachten die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP mit der Union den entsprechenden Gesetzentwurf für ein Stiftungsfinanzierungsgesetz in den Bundestag ein, der von der Linksfraktion mit entwickelt wurde. Sie zählt allerdings nicht zu den Antragstellerinnen, weil CDU und CSU gemeinsame Initiativen mit der Linken vermeidet.

Nun haben Rechtsexpert:innen in einer Anhörung des Bundestags bestätigt, dass das geplante Vorgehen verfassungskonform wäre. Die entsprechende Regelung diene „dem auch vom Bundesverfassungsgericht angesprochenen und im Rahmen der Stiftungsfinanzierung für legitim anerkannten Ziel, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen“, schreibt Sophie Schönberger von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in ihrer Stellungnahme. „Denn eine Bildungsarbeit der politischen Stiftungen, die nicht auf dem Boden dieser Ordnung steht, stellt immer eine Bedrohung für dieselbe dar.“ Es geht um viel Geld. Im laufenden Jahr wird die Arbeit der politischen Stiftungen mit fast 700 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt gefördert. Die AfD hatte geklagt, weil die ihr nahestehende Stiftung leer ausgeht. Das Bundesverfassungsgericht stellte im Februar fest, dass eine gesetzliche Grundlage notwendig ist.

Die liegt nun im Entwurf vor. „Wir brauchen politische Stiftungen, die für die freiheitlich-demokratische Grundordnung werben, mehr denn je“, sagte der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner bei der Einbringung. Danach enthält eine Stiftung nur dann Geld vom Staat, wenn sie die Gewähr bietet, „für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten“.

Die Annahme, dass dies nicht der Fall sei, könne verschieden begründet sein – etwa wenn die Tätigkeit der Stiftung in der Vergangenheit dafür Anlass bietet, wenn Personen mitwirken, die der „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ verdächtig sind, oder wenn die „politische Grundströmung, die der Stiftung zuzuordnen ist“, eine „verfassungsfeindliche Prägung“ aufweist. Auch der Verfassungsschutz spielt bei der Beurteilung eine Rolle. Wenn der Geheimdienst die Stiftung als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch einstuft, soll sie „in der Regel“ nicht gefördert werden. Professorin Schönberger nennt diese Kriterien „überzeugend“. Der Kölner Juraprofessor Markus Ogorek spricht von einem „mutigen und folgerichtigen Entwurf“.

Geregelt wird außerdem, dass Stiftungen erstmals gefördert werden, wenn die ihnen nahestehende Partei zum dritten Mal in Folge in den Bundestag gewählt wurde. Die AfD ist erst in ihrer zweiten Legislaturperiode im Parlament.

Umstritten ist unter den Rechtsfachleuten, ob es klug ist, das Innenministerium mit der Entscheidung zu betrauen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Dagegen bestünden „zwar keine verfassungsrechtlichen, aber doch ernste verfassungspolitische Bedenken“, wandte der Juraprofessor Christoph Möllers von der Berliner Humboldt-Universität ein. Er schlägt vor, die Entscheidung von einer überparteilichen Institution wie der Bundestagsverwaltung treffen zu lassen.

Der Richter John Philipp Thurn, Sprecher der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“, findet es „überfällig, eine dem demokratischen und rechtsstaatlichen Vorbehalt des Gesetzes genügende Rechtsgrundlage zur Finanzierung der politischen Stiftungen zu schaffen“. Er nannte es „insgesamt überzeugend“, dass das aktive Eintreten für die demokratische Grundordnung als Voraussetzung für eine Förderung genannt werde. Aufgenommen werden könne aber noch der Ausschlussgrund der „Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus“, schlägt er vor.
 

Medium: Frankfurter Rundschau
Datum: 22.10.2023
Autor: Pitt von Bebenburg