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Kölner Forum Nachrichtendienste 2024


Am Mittwoch, dem 18. September 2024, lud die am Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre (Prof. Dr. Markus Ogorek, LL.M.) angesiedelte Forschungsstelle Nachrichtendienste zu ihrer ersten öffentlichen Veranstaltung ein: dem Kölner Forum Nachrichtendienste.
 

Schloss Wahn (Außenansicht)
Podiumsdiskussion zur "Zeitenwende"

Unter der Überschrift „Fremde Mächte in Deutschland“ befassten sich die Referenten und Teilnehmenden mit der Einflussnahme ausländischer Nachrichtendienste – sowohl in Form klassischer Spionage als auch durch digitale Desinformationskampagnen. Der Einladung nach Schloss Wahn waren rund 60 Doktorandinnen und Doktoranden sowie Habilitandinnen und Habilitanden gefolgt – vonseiten der Universität zu Köln ebenso wie den Universitäten Bayreuth, Berlin (FU und HU), Bielefeld, Bochum, Bonn, Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Leipzig, Lüneburg, Mainz, Marburg, Osnabrück und Wiesbaden (EBS). Auch Vertreter von Max-Planck-Instituten, polizeilichen Forschungseinrichtungen sowie Rechtsreferendarinnen und -referendare aus verschiedenen Landes- und Oberlandesgerichtsbezirken waren anwesend.

Luca Manns, M.A., der vor einigen Wochen die Geschäftsführung der neuen Forschungsstelle übernommen hat, hob in seinen einleitenden Worten hervor, dass dank hoher Nachfrage die Teilnahmekapazitäten innerhalb weniger Tage erschöpft waren und Warteplätze eingerichtet werden mussten. Dies sei ein klares Zeichen für die Relevanz der behandelten Themen. In seinem Eröffnungsvortrag beleuchtete Manns zudem Strukturen, Rechtsgrundlagen sowie Handlungsfelder der Nachrichtendienste des Bundes. Er berichte aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates, der seinerzeit intensiv um die Ausgestaltung des wehrhaften Verfassungsstaats gerungen hatte, und leitete daraus die Konzeption der deutschen Nachrichtendienste in ihrer heutigen Form ab.

Nachrichtendienst-Experten im Gespräch

Im Anschluss folgten mehrere Fachvorträge, wobei der Zweite Leiter der Spionage- und Proliferations- sowie Cyberabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz den Auftakt setzte. Er informierte die Teilnehmenden über die derzeitigen Schwerpunkte seiner Abwehrtätigkeit und nahm im diesem Zusammenhang insbesondere Bezug auf Einflussaktionen der Russischen Föderation sowie der Volksrepublik China. Dabei illustrierte er seine Ausführungen anhand konkreter Fallbeispiele, die teilweise auch in den Medien thematisiert wurden (z.B. Einsatz von sog. Low-Level-Agents durch Dienste Moskaus). Auf Grundlage dieser Praxiseindrücke warf er einen Blick auf mögliche Strafbarkeitslücken, die vor allem hinsichtlich ausländischer Einfluss- und Desinformationskampagnen diskutiert werden könnten.

Daran schloss sich ein Vortrag aus den Reihen des Generalbundesanwalts an. Nach einer Vorstellung der Aufgabenbereiche seiner Behörde wurden die Teilnehmenden zu einer detaillierten Durchsicht der einzelnen Straftatbestände im Bereich der Tätigkeiten für fremde Mächte eingeladen. Neben bekannten Vorschriften wie der geheimdienstlichen Agententätigkeit und dem Landesverrat wurden auch ausgewählte Stör- und Sabotagedelikte sowie gewaltbezogene Straftatbestände thematisiert. Diese verdeutlichten, wie umfangreich und in manchen Fällen schwer abzugrenzen das Staatsschutzrecht ausgestaltet ist.

Nach einer Mittagspause, die – wie alle Pausen am Veranstaltungstag – bei bestem Wetter im historischen Schlosshof verbracht werden konnte, folgte ein Vortrag des zuständigen Abteilungsleiters im Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst über das Recht des personellen Geheim- und Sabotageschutzes. Die Teilnehmenden erfuhren, dass aufgrund spezieller Vorschriften in keinem anderen Bereich der Verwaltung so viele Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden wie im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Referent erläuterte die konkreten Abläufe und Herausforderungen bei Sicherheitsüberprüfungen und veranschaulichte anhand realer Beispiele die häufigsten Gründe für sicherheitliche Unzuverlässigkeiten von Geheimnisträgern und anderen relevanten Personen. Dabei skizzierte er auch, wie ausländische Nachrichtendienste diese Schwachstellen etwa für Erpressungen ausnutzen können.

Den abschließenden Vortrag hielt ein Direktoratsleiter des Bundesnachrichtendienstes, der die Aufgaben des ausländischen Nachrichtenwesens vorstellte. Im Mittelpunkt seines Impulses stand der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die militärische Positionierung der NATO-Staaten gegenüber den russischen Streitkräften, die er mit Kennzahlen und Kartenmaterial verdeutlichte. Zudem adressierte er die rechtlichen Grenzen deutscher Ausforschungsmöglichkeiten gegenüber fremden Mächten, insbesondere am Beispiel der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung.

Ausländische Bedrohungen der Wissenschaft

Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion, die von Institutsdirektor Ogorek gemeinsam mit Sinan Selen, Operativer Vizepräsident beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Alumnus der Kölner Rechtswissenschaftlichen Fakultät, bestritten wurde. In entspannter Atmosphäre diskutierten beide über die spionagebezogenen Herausforderungen der „Zeitenwende“. Während der von Moderatorin Elisa Maria Wessels geleiteten Fragerunde gingen sie ausführlich darauf ein, wie sich nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Wissenschaft vor ausländischer Einflussnahme schützen kann – von der Spionage bei universitären Erfindungen bis zum Hackerangriff auf akademisch genutzte IT-Strukturen. Selen und Ogorek konkludierten, dass Spionage in Zeiten geopolitischer Umbrüche eine neue Dimension erreicht habe und daraus mitunter rechtspolitische Folgerungen abzuleiten seien, es aber auch wesentlich von jeder und jedem Einzelnen abhänge, ob Desinformation und Destabilisierung in der Gesellschaft verfangen könnten.

Forschungsstellen-Geschäftsführer Manns beendete die Veranstaltung mit einem herzlichen Dank an das gesamte Team des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre für „die hervorragende organisatorische Leistung“. Er unterstrich, dass „von der Zugangskontrolle bis zum Catering“ alle Services durch die Kolleginnen und Kollegen des Instituts übernommen worden seien. Den gelungenen Abschluss der Tagung bildete ein abendliches Get-Together, an dem auch viele der Referenten noch teilnahmen. Die zweite Durchführung des Kölner Forums Nachrichtendienste ist für den Spätsommer 2025 geplant und wird voraussichtlich Themen des Islamismus sowie islamistischen Terrorismus behandeln. Informationen dazu werden ab dem Frühjahr 2025 unter www.koelner-forum-nachrichtendienste.de abrufbar sein.