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Oberbürgermeister nutzt Frankfurt-Logo für umstrittene Werbung

Der Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann wirbt für eine Petition zur drastischen Begrenzung von Mieterhöhungen. Dass er dabei auch das Logo der Stadt verwendet, sorgt für Kritik in Stadtregierung und -parlament. Ein Verwaltungsjurist meint, der OB habe seine Kompetenzen überschritten.

 

Seit Tagen tobt in der Frankfurter Kommunalpolitik ein heftiger Streit: Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hatte eine Petition für eine radikale Begrenzung von Mieterhöhungen beworben - und auf Flugblättern dafür das Logo der Stadt Frankfurt abdrucken lassen. Doch bis auf die SPD tragen in der Römer-Koalition CDU und Grüne diese Position nicht mit.

Auf dem Flyer, der in Frankfurter Briefkästen verteilt wurde, ist eine Tafel mit der Forderung "Mietenstopp für alle" zu sehen, hochgehalten unter anderem von OB Feldmann. Geht es nach den Initiatoren der Petition, sollen Mieten in hessischen Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt in den nächsten fünf Jahren nur um ein Prozent steigen dürfen.

Die Initiatoren sind ein Bündnis aus Deutschem Mieterbund Hessen, Deutscher Gewerkschaftsbund Frankfurt und der Caritas Frankfurt. OB Feldmann ist Schirmherr. SPD und Linkspartei in Hessen unterstützen das Vorhaben, ein entsprechender Antrag im Landtag war allerdings gescheitert.

Mietpreispremse des Landes deckelt Erhöhungen bereits

Für viele Frankfurter Mieter wäre solch eine Obergrenze wohl eine enorme Erleichterung. In Hessen gibt es zwar seit 2015 eine Mietpreisbremse. Diese regelt, dass bei Neuvermietungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete nur noch bis maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden darf, so auch in Frankfurt.

Kritiker wie der Mieterbund finden diese Regelung aber zu wenig wirksam, da die ortsüblichen Mieten bereits oft zu hoch seien und Neubauwohnungen komplett ausgenommen sind. Auch Wohnungen, die gerade modernisiert wurden, dürfen teurer vermietet werden. Immobilien-Eigentümer argumentieren dagegen, dass es insgesamt an Wohnraum mangele und die Mieten deswegen so hoch seien. In der Stadt wird nun diskutiert: Darf Feldmann sich bei einem so umstrittenem Thema überhaupt so weit aus dem Fenster lehnen?

CDU: "Wahlkampf durch die Hintertür"

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Römer, Nils Kößler, sieht in Feldmanns Engagement "Wahlkampf durch die Hintertür". Der Flyer erwecke den Eindruck, als sei die Forderung die offizielle Position der Stadt. "Dabei haben wir das nie beschlossen und sind als CDU gegen eine solche Maßnahme." Das sei ein Projekt Feldmanns, das dieser unter dem Deckmantel der Stadt unter die Leute bringe, um sich so für die anstehende Kommunalwahl zu positionieren.

Bei den Grünen, ebenfalls Koalitionspartner, ist man inhaltlich zwar nicht so weit von der Position auf dem Flyer entfernt - aber dennoch sauer: "Das ist mal wieder ein typischer Feldmannscher Alleingang zur Eigenwerbung. Das kann man so nicht machen", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Sebastian Popp dem hr. Er halte das Vorgehen des OB für verfassungswidrig, weil Feldmann gegen das Neutralitätsgebot verstoße.

Verwaltungsjurist erinnert an Neutralitätsgebot

Der Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Universität Köln, Markus Ogorek, hält diese Kritik für berechtigt. Der Jura-Professor ist Herausgeber eines Kommentars zum hessischen Kommunalrecht und sagte dem hr, Feldmann habe gleich in mehrfacher Hinsicht seine Kompetenzen überschritten.

"Nimmt ein Bürgermeister die Autorität seines Amtes in Anspruch, wie es OB Feldmann durch die Verwendung des Stadtlogos tat, so ist er dem Neutralitätsgebot unterworfen", sagte Ogorek. Er dürfe sich dann nicht so äußern, dass es ihm gegenüber politischen Konkurrenten einen Vorteil verschaffe.

Flyer hätte "nicht veröffentlicht werden dürfen"

Weil der Flyer aber scharf formuliert und das Logo der Stadt darauf unmittelbar neben einem Gewerkschaftssymbol zu finden ist, sei das kaum noch mit dem Neutralitätsgebot vereinbar. Zudem hätte Feldmann sich ohne Beschluss des Magistrats gar nicht zu dem Thema äußern dürfen. 

Ogoreks Fazit: "Der Oberbürgermeister überschreitet seine Kompetenzen und positioniert sich in städtischem Namen in unzulässiger Weise." Die Werbung für die in der Stadtverordnetenversammlung umstrittene Petition "hätte nicht veröffentlicht werden dürfen".

Feldmann-Sprecher weist Kritik zurück

Auf hr-Anfrage verteidigte der Sprecher des Oberbürgermeisters, Olaf Schiel, den Aufruf: "Das Problem der steigenden Mieten betrifft keine hessische Stadt so stark wie Frankfurt." Die Situation habe sich durch Corona noch einmal verschärft. "Zu erwarten, dass der Frankfurter Oberbürgermeister in einer solchen Situation schweige, ist blanker Zynismus." Das Bündnis hinter der Mietenstopp-Peition sei zudem parteiübergreifend angelegt.

Zudem wies Feldmanns Sprecher die Kritik des Verwaltungsjuristen zurück: Ein "maßgeblicher hessischer Kommentator" der hessischen Gemeindeordnung sehe die rechtliche Lage anders als der Kölner Ogorek. Auf welchen Juristen er sich dabei bezog, wollte Schiel auf Nachfrage nicht sagen.

Dienstaufsichtsbeschwerde angekündigt

Der Flyer soll nun Thema im hessischen Innenministerium werden. Es übernimmt die Kommunalaufsicht für die Stadt Frankfurt. Der Stadtverordnete der Fraktion der Bürger für Frankfurt (BFF), Carl-Philip Graf zu Solms-Wildenfels, kündigte am Mittwochabend an, Dienstaufsichtsbeschwerde beim Ministerium gegen Peter Feldmann einzureichen. "Der Oberbürgermeister hat die Beschlüsse des Magistrats auszuführen und ist nicht der Kaiser von Frankfurt", sagte der Stadtverordnete.

Auch CDU will rechtliche Schritte prüfen

Die CDU wollte das weitere Vorgehen zunächst beraten. "Es ist ein heikles Thema, aber wir prüfen auch rechtliche Schritte", sagte Fraktionschef Kößler dem hr. Die Grünen wollten es bei politischer Kritik belassen: "Ich setze darauf, dass die Bürger bei der anstehenden Kommunalwahl Konsequenzen aus Feldmanns selbstgerechtem Verhalten ziehen werden", sagte Fraktionschef Popp.

 

Medium: Hessischer Rundfunk (hessenschau.de)
Datum: 10.12.2020
Autorin: Alina Leimbach