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Kein Alleingang bei 2G

Kein Besuch mehr in Restaurants, Museen und Bars für Getestete: Hamburg geht den Weg schon länger, um Corona-Infektionen zu vermeiden – nun schließen sich auch weitere Bundesländer an, aber Nordrhein-Westfalen hält sich noch zurück. Kann Köln als Kommune trotzdem autark diese sogenannte „2G“-Regelung einführen, die den Zutritt etwa für Sportveranstaltungen und Restaurant-Besuch nur noch Geimpften und Genesenen gestattet? Unter Experten gilt das als umstritten.

 

So sind Juristen der Stadt zu einem klaren Nein gekommen – vorerst. Kommunale Maßnahmen, die die NRW-Regeln verschärfen, seien laut Schutzverordnung nur erlaubt, „um eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden“, hieß es von der Stadt. Die Krankenhäuser seien aber derzeit von einer Überlastung noch nicht bedroht. Außerdem seien explizit nur im Einzelfall schärfere Maßnahmen erlaubt. „Eine generelle Anordnung einer '2G'-Zutrittsregelung für Veranstaltung würde diesen Einzelfall-Rahmen offensichtlich sprengen“, heißt es von der Stadt. 

Einen anderen Weg hat Wuppertal bestritten und als bisher einzige NRW-Kommune beim Land einen Antrag auf „2G“-Einführung gestellt. Der Antrag wurde genehmigt, die Entscheidung im Stadtrat steht noch aus. Dabei hat Wuppertal zwar seit Wochen höhere Inzidenzwerte als Köln. Die Krankenhäuser sind dort aber laut Divi-Intensivregister meist weniger stark belegt. Das NRW-Gesundheitsministerium betont, dass eine Genehmigung nur „vor dem Hintergrund des jeweils konkreten Infektionsgeschehens in der Kommune“ gegeben werden könne.

OB Henriette Reker lehnt eine generelle „2G“-Regel aber ohnehin ab. „Es gibt Menschen die sich aufgrund ihres Alters oder auch aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, die dürfen wir nicht vom Alltagsleben ausschließen“, sagt Reker. Für besondere Bereiche wie von privaten Veranstaltern organisierte Konzerte und Sport-Großveranstaltungen im Rhein-Energie-Stadion oder in der Lanxess-Arena habe sie aber „eine sehr große Sympathie“ für „2G“. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass viele Freizeitbereiche wie Konzerte, Sport und Veranstaltungen nur noch 2G zulassen“, sagt sie. Der 1. FC Köln habe es „ja bundesweit vorgemacht“.

Dieser nämlich lässt seit Saisonbeginn für seine Heimspiele nur noch Geimpfte und Genesen auf die Ränge – mit einer zugelassenen Auslastung von 50 Prozent. „Das Konzept hat sich bewährt, das Feedback war überwiegend positiv“, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle und verweist auch auf eine Studie der DFL, die bisher kaum nachgewiesene Fälle im Zusammenhang mit Bundesliga-Spielen registriert habe, die nur vor Geimpften oder Genesenen stattgefunden haben. Die Kontrollen der Nachweise an den Eingängen verliefen bisher „organisatorisch reibungslos“, betont Wehrle.

Auch stadtweit befürwortet der Geschäftsführer eine 2G-Einführung. „Impfen ist der entscheidende Faktor auf dem Weg zurück in eine sich ständig verändernde Normalität mit Corona“, sagt Wehrle. „Es wäre zu befürchten, dass der komplette professionelle Sport, genauso wie die Kulturbranche und das gesellschaftliche Leben in Deutschland ohne eine signifikante Impfquote große Schwierigkeiten bekommen würde.“ Die Signale aus der Politik seien aber „insgesamt positiv, dass wir im Laufe des Oktobers von einem Wegfall der Kapazitäts-Beschränkungen ausgehen.“

Der Leiter des Instituts für öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität Köln, Professor Markus Ogorek, hält „2G“ in Köln unter bestimmten Bedingungen für möglich. Schon in der Vergangenheit habe Köln strengere Regelungen erlassen als das Land – etwa bei den Ausgangssperren, die in Köln während des Lockdowns im Frühjahr ab 21 Uhr galten. Auch jetzt könne die Stadt eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen, sofern das Land zustimmt und die Kommune ein hohes Infektionsgeschehen nachweisen könne. „Das ist aber kein Freibrief“, sagt Ogorek. Denn anschließend müsse die Stadt nachweisen, dass die Anwendung der 2G-Regelung für die Betroffenen verhältnismäßig ist. Ogorek sieht aber gute Chancen, dies zu begründen. Denn Schnelltests seien fehleranfällig, das Infektionsgeschehen sehr dynamisch, und 90 Prozent der Intensivpatienten seien nicht geimpft. „Die Situation kann schnell kippen.“

Einfacher wäre es, wenn das Land strengere Verordnungen erließe. Kölner Regelungen seien wenig sinnvoll, wenn 400.000 Pendler pro Tag in die Stadt kommen und in den Nachbargemeinden andere Regelungen gelten. Im Gegensatz dazu dürften private Betreiber wie der 1. FC Köln die 2G-Regeln anwenden. „Private dürfen sich aussuchen, mit wem sie Regelungen ausmachen. Sie haben auch das Recht zu diskriminieren“, sagt Ogorek. „Der Staat hat dagegen kein Recht zur Willkür, er braucht einen sachlichen Grund.“

 

Medium: Kölner Stadt-Anzeiger
Datum: 16.09.2021
Autoren: Alexander Holecek und Dirk Riße