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Jan Böhmermann nimmt rechtsextreme Polizisten auseinander

Es sind 20 Minuten, für die es die 15-sekündige Triggerwarnung, wegen so ziemlich allem, wirklich braucht. "So viel Niedertracht, Menschenverachtung und Freude am Gesetzesbruch", habe das Team des "ZDF-Magazin Royale" noch nie gesehen. So Jan Böhmermann am Freitagabend, 29. September. Der Satiriker holt zum Schlag gegen Rechtsextreme im Polizeidienst aus und kündigt an: Nächste Woche geht es weiter.

Nachdem er neun Minuten lang etwas seicht ausgeführt hat, warum Rechtsextreme bei der Polizei ein Problem sind, kommt er zum Punkt: Die Transparenzplattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" veröffentlichen den kompletten Inhalt der "Itiotentreff"-Whatsapp-Gruppe. In der fünf "rechtsextreme" Polizist:innen aus dem 1. Frankfurter Polizeireviers gemeinsam mit der Partnerin eines Beamten jahrelang ihrer Gesinnung absolut freien Lauf ließen.

1600 Nachrichten voller Hass

In mehr als 1600 Nachrichten haben die Sechs von Anfang an den Nationalsozialismus verherrlicht, Vergewaltigungsfantasien ausgetauscht, den Holocaust relativiert und Menschen mit Behinderung abgewertet. Sie steigerten sich über die Jahre in einen Wahn aus eliminatorischem Antisemitismus, Rassismus und LGBTQ-Feindlichkeit hinein. Böhmermann und sein Team zeigen in der Sendung auf, was das genau bedeutet.

Und das alles blieb bisher folgenlos. Im Februar dieses Jahres wies das Landgericht Frankfurt am Main die Anklage ab – da alles "im Privaten" geschehen sei. 94 Fälle von Volksverhetzung, 39 Fälle von Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen, 13 Fälle von Gewaltverherrlichung und 16 Fälle von Verunglimpfung eines Toten klagte die Staatsanwaltschaft an. Aktuell liegt eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt. So die Rechtszeitschrift "Legal Tribune Online".

Ständige Naziverherrlichung

Die auf das Grundgesetz vereidigten Beamt:innen feierten im Chat Adolf Hitlers Geburtstag. Sie posteten exzessiv viele Memes mit dem N-Wort, relativierten – ebenfalls in Memes – das Grauen im NS-Vernichtungslager Auschwitz und den Holocaust. Es ist wirklich hart, dabei zuzusehen. "Das sind Menschen, denen haben wir (die Gesellschaft) Waffen geben", sagt Böhmermann. Dann scrollt er weiter durch den Chat: Menschen mit Down-Syndrom wurden verunglimpft, ihr ertrinken mit Lachsmileys goutiert. Einer der Polizisten postete ein Bild des ertrunkenen Flüchtlingskinds Alan Kurdi und feierte dessen Tod. 

Es ist so heftig, dass Böhmermann eine Musikpause, mit dem Rundfunktanzorchester Ehrenfeld einschiebt. Dann geht es weiter – muss ja. Ein Polizist verherrlichte den rechtsextremen Massenmörder Anders Behren Breivik, der auf der norwegischen Insel Utøya 2011 69 Menschen ermordete. Ein anderer träumte davon, mit einem Artilleriegeschütz auf Geflüchtete zu schießen.

Kommissar teilt Vergewaltigungsfantasien

Ein Polizeioberkommissar stellte ausführlich seine Vergewaltigungsfantasien zur Schau. Die Lebenspartnerin eines der Beamten las die ganze Zeit mit. Böhmermann stellt die richtige Frage: "Was, wenn eine Frau bei diesem bewaffneten Hobbysatiriker eine Vergewaltigung anzeigen will?"

Derselbe Kommissar fantasierte im Chat über Leichenschändung. Abschließend konfrontierte das Rechercheteam die Polizei Frankfurt am Main mit seinen Ergebnissen. Die reagierte betont schmallippig: Man könne gerade disziplinarrechtlich nichts tun, da noch ein Strafverfahren laufe. Deshalb seien die Beamten bei vollen Bezügen freigestellt. Das steht in der Antwort des hessischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Landtagslinken.

Experte: Polizei hätte kündigen können

Böhmermann fragt beim Verwaltungsrechtsprofessor Markus Ogorek von der Universität zu Köln an. Der bestätigt, die Polizei hätte "mehr tun können und sollen". So hätte sie bis zum Beginn des Strafverfahrens disziplinarische Konsequenzen ziehen können, und könne das auch jetzt noch. Auf die erneute Anfrage bei der Polizei Frankfurt präsentiert Böhmermann quasi die gleiche Antwort.

Er wird wieder ernst: "Wir haben ein riesiges Problem mit Rechtsextremen bei der Polizei." Aber wie groß? Anfragen an alle Bundesländer und das Bundesinnenministerium hätten ergeben, "dass keiner genau weiß, wie viele Rechtsextreme bei der Polizei arbeiten". Das ZDF-Magazin-Royale-Team und "Frag den Staat" dürften allerdings noch ein paar weitere kennen. Böhmermann kündigt eine Fortsetzung des Themas in der kommenden Woche an.
 

Medium: Watson
Datum: 29.09.2023
Autor: Kilian Beck