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„Es war eine superintensive Zeit“

Der Abschied von Wiesbaden und dem Rheingau fällt ihm schwer: Am 1. Juli wechselt Markus Ogorek, Präsident der EBS, zur Uni Köln. Er werde die Studenten und den „Spirit“ an der privaten Hochschule vermissen, die zunächst ohne Präsident bleibt.

 

Oestrich-Winkel/Wiesbaden: „Auch wenn ich mich auf die neue Aufgabe freue, gehe ich mit einem weinenden Auge, denn ich habe mich im Rheingau mehr als wohlgefühlt“, sagt Markus Ogorek, scheidender Präsident der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Am 1. Juli wechselt der 45-Jährige an die Universität Köln, um die Leitung des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre zu übernehmen – einen „Traumlehrstuhl“ .Vom „Schnellboot“ private Hochschule zum „Tanker“ öffentliche Uni ist es ein großer Schritt, allein wegender unterschiedlichen Größenverhältnisse (mancher Hörsaal in Köln hat 500 Plätze). Ogorek möchte sich einen Teil der EBS-Mentalität und -Kultur indes ins neue Beschäftigungsverhältnis mitnehmen. Etwa den persönlichen Kontakt zu den Studenten oder die „Start-up-Mentalität“ an der Law School.

Hochschule in turbulenten Zeiten übernommen

„Es war eine superintensive Zeit“, sagt der Ex-Präsident. Die ihn auch an physische Leistungsgrenzen gebracht habe – nicht nur wegen der Pendelei zwischen Wiesbaden und dem Wohnort Mönchengladbach, unter der die Familie gelitten habe. Ogorek übernahm die Präsidentschaft der EBS, an die er 2013 kam und 2014 zum Dekan der juristischen Fakultät gewählt wurde, 2016–und sagt offen: „Ich bin seinerzeit nicht an die EBS gekommen, um Präsident zu werden.“ Es waren turbulente Zeiten: Das Image litt nach wie vorunter dem Prozess gegen Ogoreks Vor-Vorgänger Christopher Jahns. 2016 wechselte die EBS zum Heidelberger SRH-Konzern. Investitionen standen an (vor allem in Oestrich-Winkel), es kam der Brexit – und Corona. „Das haben wir mit Bravour gemeistert“, sagt Ogorek selbstbewusst, sein Kollegium habe gar Webinare für Dozentender befreundeten Geisenheimer Hochschule angeboten.

Hier zeige sich die Existenzberechtigung privater Hochschulen: Sie seien häufig schneller und – etwabei der Digitalisierung – stets Vorreiter. „Wir sind zur Innovation gezwungen“, bringt es Ogorek aufden Punkt. „Private“ würden bei Studenten immer beliebter,der Dualismus privat-öffentlich biete jungen Menschen mehr Auswahl („Jeder Jeck ist anders!“), der Wettbewerb unterschiedlicher Hochschulen diene letztlich dem Niveau von Forschung und Lehre. In Köln sei das Publikum nicht nur größer, sondern sogar noch „bunter“. Der Gedanke des sozialen und Bildungsaufstiegs gefällt Ogorek, der aus einer Oberhausener Bergarbeiterfamilie mit polnischen Wurzeln stammt.

Seinen Beruf betrachtet der 45-Jährige denn auch als sinnstiftend: „Wir leisten in einer für den weiteren Weg junger Menschen entscheidenden Phase einen grundlegenden Beitrag für deren Entwicklung“,sagt Ogorek, der als früheren Berufswunsch Gymnasiallehrer für Altgriechisch und Latein nennt. Über Feedback der Studenten freue er sich stets und möchteauch künftig für alle ansprechbar sein. Generell spart er nicht mit Lob für die EBS-Studenten: „Die brennen für etwas“, mancher sei ihm gar intellektuell überlegen gewesen – was er toll finde. „Demut und Leistung“, sein Credo, das anfangs an der EBS beim einen oder anderen für Verwunderung gesorgt habe, sei inzwischen längst akzeptiert.

Psychologie bleibt als Studiengang eine Option

Wie sieht die persönliche Bilanz aus? Die angekündigten zehn Millionen Euro Investitionen am Campus im Rheingau habe man locker verdoppelt, mit der Executive School eine dritte Fakultät geschaffen. Psychologie sei nach wie vor eine Option – zunächst als Studiengang, womöglich in der Business School. In der Law School sei unterseiner Präsidentschaft das Studienprogramm umgestaltet worden, Wochenblöcke ersetzen nun den Semester-Rhythmus. Bis die Findungskommission unter Landtagsvizepräsident Jörg-Uwe Hahn einen Nachfolger verpflichtet („Es gibt viele Bewerbungen!“), führt wie 2015/16 erneut ein Präsidialrat die Geschicke der EBS. Der er als Ex-Präsident verbunden bleiben möchte, etwa über eine Vorlesung. Wiesbaden und den Rheingau werde er vermissen, sagt Ogorek. Hiersei aus dem leidenschaftlichen Biertrinker ein Riesling-Liebhaber mit ansehnlichem Weinkeller geworden.

 

Medium: Wiesbadener Kurier
Datum: 27.06.2020
Autor: Sascha Kircher