CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz ist vom Stadtrat zum Beigeordneten des wichtigen Dezernats für Stadtentwicklung, Digitalisierung und Regionales gewählt worden. Kienitz ist aber auch einer der Unterzeichner des Geheimpapiers, mit dem sich CDU, SPD und Grüne vor drei Jahren Posten bei den Stadtwerken zuschoben. „Der politische Flurschaden ist enorm“, sagte Staatsrechtler Markus Ogorek von der Universität Köln dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dass die CDU, anders als Grüne und SPD nach Bekanntwerden der Affäre an ihrem Fraktionsgeschäftsführer festhalte und Kienitz nun durch das aktuelle Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt sowie auf Vorschlag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker in die Verwaltungsspitze aufrücken soll, hält Ogorek für „keine kluge Idee“.
Die Affäre bleibe Kienitz auch als Dezernent anhaften und werde Auswirkungen haben auf die Akzeptanz der Entscheidungen in seinem künftigen Posten, glaubt Ogorek. Dabei gehe es nicht darum, ob Kienitz ein guter oder schlechter Mensch sei, „aber allein der böse Schein schadet dem Amt.“ Das habe zur Folge, dass die Bürgerinnen und Bürger womöglich kein Vertrauen in sein Wirken haben. Kommunen seien nah an den Menschen, die sich mit ihrer Stadtverwaltung wohlfühlen müssten. „Der Eindruck, der hier entsteht, ist aber für den Bürger desaströs“, sagt Ogorek. Es entstehe das Empfinden, dass ein an einer Affäre beteiligter Politiker nur wenig später mit einem hohem Posten regelrecht belohnt würde. „Das führt bei den Bürgern zu Resignation“, weil sie den Eindruck bekämen, die von ihnen gewählten Politiker handelten zuvorderst in eigenem Interesse. „Das tut mir vor allem für die vielen anderen Ratsmitglieder leid, die mit sehr viel Engagement zum Wohl der Stadt arbeiten“, sagte Ogorek.
Verlockende Posten
Man solle aber die Situation „nicht auf eine Person verengen, sondern Strukturen schaffen, um Politiker nicht in Versuchung zu bringen“, rät der Wissenschaftler. Kommunalpolitik sei ein sehr arbeitsintensives Ehrenamt, in dem gewichtige Entscheidungen getroffen werden, jedoch sei die Aufwandsentschädigung dafür äußerst gering. Deshalb gebe es mitunter eine gewisse Verlockung, lukrative Posten in der Verwaltung oder in städtischen Gesellschaften zu bekommen, so Ogorek. Eine ansprechende Bezahlung und damit verbundene Professionalisierung könne das womöglich ändern. „Transparenz ist wichtig, um Willkür zu verhindern“, sagte Ogorek. Geheime Absprachen wie bei der Postenaffäre „sind aber das genaue Gegenteil.“
Medium: Kölner Stadt-Anzeiger
Datum: 25.06.2021
Autor: Oliver Görtz