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Demo an Universität Köln

Gegen einen Professor der Universität Köln sind Vorwürfe erhoben worden. Studierende organisierten eine Demonstration. Der Rektor wehrt sich gegen den Vorwurf der Vertuschung und Verschleppung.

 

Die Vorwürfe, die kurz vor Weihnachten publik wurden, sind erschütternd. Ein Kölner Universitäts-Professor soll mehrere Frauen sexuell belästigt und erniedrigt haben. Die betroffenen Frauen kritisierten, dass das Verfahren gegen den Professor intransparent sei. Am Mittwoch (11. Januar 2023) fand deshalb ein „Null-Tolerenz-Protest“ an der Kölner Hochschule statt. Mehrere Hundert Studierende und Mitarbeitende beteiligten sich an der Demonstration. Damit sollte auf strukturelle Probleme bei der Aufklärung und Verfolgung solcher Fälle an der Uni Köln aufmerksam gemacht werden. Zudem fordert der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) eine sofortige Entlassung des Dozenten.

Protest-Aktion am Campus durch Studierende

Wenige Stunden zuvor traten die Verantwortlichen die Flucht nach vorne an. Rektor Axel Freimuth (65) äußerte „großes Verständnis und Sympathie“ für die Demonstrierenden, sprach aber auch von Einzelfällen. „Seit 2016 gab es sechs Disziplinarverfahren an der Uni Köln, davon waren drei als sehr schwer einzustufen. Infolgedessen kam es zu zwei Entlassungen.“

Bei 8000 Mitarbeitenden und 50.000 Studierenden sei dies immer noch ein geringer Anteil. „Angesichts dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass wir solche Fälle haben. Wir haben ein Interesse daran, dass diese Fälle zur Sprache gebracht werden, damit das besser wird. Deshalb sind wir über die Entwicklung, dass wir jetzt mehr hören, nicht unglücklich. Die Hürden sind sehr viel kleiner geworden. “Der „Spiegel“ habe über einen Vorfall berichtet und daraus die Frage abgeleitet, ob alle Universitäten in Deutschland ein „MeToo“-Problem hätten. „Das kann ich nicht nachvollziehen“, sagt Freimuth.

„Wir bemühen uns nach Kräften, dass es an der Uni Köln nicht zu solchen Fällen kommt, und wenn es dazu kommt, dass wir davon Kenntnis erlangen. Aber im Moment haben wir, wenn nicht mehr an die Öffentlichkeit kommt, keinen Grund zur Dramatisierung. Ich will nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass es Fälle gibt, die uns gar nicht angezeigt worden sind. Aber für mich gibt es keine Anhaltspunkte, dass wir ein ausgeprägtes ‚MeToo-Problem‘ haben“. Die Strukturen an der Lehranstalt würden permanent angepasst. „Unser Bemühen ist es, ein System zu schaffen und weiterzuentwickeln, dass dazu führt, dass wir so gut wie möglich über solche Dinge Informationen bekommen und dass es nicht mehr zum Standard des Verhaltens an der Universität gehört, Dinge, die nicht gewünscht sind, einfach unter den Teppich zu kehren.“

Ob es in dem medial geschilderten Fall aber überhaupt schon zu einem Disziplinarverfahren gekommen sei und ob dies eventuell schon abgeschlossen sei, dürfe die Uni aus rechtlichen Gründen nicht beantworten. „Der Universität sind da leider die Hände gebunden“, erläuterte Markus Ogorek (49), Leiter des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre.

Datenschutz-, Beamtenrecht und das Disziplinarrecht untersagen es der Universität, Informationen mitzuteilen. „Als Jura-Professor kann man das nicht gut finden. Da muss man sich schon die Frage stellen, ob das Disziplinargesetz nicht reformbedürftig ist. Wir brauchen mehr Transparenz“, sagte Ogorek. „Mit den Abläufen der Verfahren sind wir äußerst unzufrieden und wünschen uns dringend Verbesserungen“, sagte auch der Hochschulrektor. Auch der Schutz der Betroffenen sei aus Sicht der Uni-Chefs zu verbessern. „Ich empfinde es als Verfahrensbelastung, dass die Betroffenen in Anwesenheit ihres Professors gegebenenfalls da sitzen müssen und befragt werden. Jede Beschuldigung muss zudem örtlich und zeitlich fixiert werden und das aus der Erinnerung über mehrere Jahre.“

Rektor bemängelt lange Verfahrenszeiten

Die veröffentlichten Vorwürfe von bis zu zwölf ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen sollen auch schon wieder über drei Jahre zurückliegen. Darin werfen sie dem Professor „allgegenwärtige sexuelle Andeutungen“, „Aggressionsattacken“ und „rassistische Äußerungen“ vor. Der Anwalt des Professors weist die Anschuldigungen zurück. Ein Verfahren dauere in der Regel bis zu fünf Jahre. „Das ist für die Betroffenen nicht hinnehmbar“, räumte Freimuth ein. „Dass das den Eindruck erwecken kann, ein Verfahren würde verschleppt, kann ich auch verstehen.“

Dabei arbeite die Uni an einer „Kultur des Hinschauens“, wie der Rektor ausführte. „Die Uni Köln hat überhaupt kein Interesse daran, Verfahren zu verschleppen oder zu vertuschen. Wir wollen Transparenz, damit deutlich wird, dass die Uni solche Vorfälle nicht duldet und dagegen vorgeht“.
 

Medium: EXPRESS
Datum: 11.01.2023
Autor: Marcel Schwamborn